„Verbrechen und Strafe“ am Schlosstheater Moers Gibt es einen „gerechten Mord“?

Moers · Das Schlosstheater bringt einen der bedeutendsten Romane der Weltliteratur auf die Bühne: Dostojewskis „Verbrechen und Strafe“. Am Donnerstag ist die Premiere in der Kapelle an der Rheinberger Straße.

Regisseurin Carlotta Salamon und Bühnen- und Kostümbildnerin Lara Hohmann

Regisseurin Carlotta Salamon und Bühnen- und Kostümbildnerin Lara Hohmann

Foto: tw

In der Kapelle kamen Dramaturgin Sandra Höhne und Carlotta Salamon ziemlich schnell auf den Roman mit der so charismatischen wie abgründigen Hauptfigur Raskolnikow. „Er ist materiell zwar arm, hat aber ein sehr reiches Innenleben, so Höhne. Carlotta Salamon inszeniert das erste Mal am Schlosstheater und erst zum zweiten Mal nach Abschluss ihres Regiestudiums an der Folkwang-Uni. Die Gedankenspiele, in denen Raskolnikow die Tat mit sich selbst ausmacht, verteilt sie auf drei Raskolnikows, aus den inneren Monologen werden so Bühnendialoge. Der Staatsanwalt, der von Anfang an weiß, dass Raskolnikow der Mörder ist, fungiert als - durchaus auch humoristischer - Erzähler.

Armut spielt eine große Rolle - im Roman, in den Überlegungen des Mörders, in seinem Viertel und im beengten Raum der Kapelle. „Was tun, wenn draußen nichts mehr wächst“, war eine Idee für das katastrophische Setting von Kostüm- und Bühnenbildnerin Lara Hohmann: tote Pflanzen, künstliches Licht, Wasserfilteranlagen, denn was hier reintropft, ist zum Teil vergiftet ...

„Wir versuchen nicht zu verschleiern, dass das eine Kapelle ist“, sagt Hohmann. Das reale Kirchenfenster wird mit einem projizierten gespiegelt. Und Religion spielt ja mit, auch wenn man sich für den weniger „aufgeladenen“ Titel „Verbrechen und Strafe“ entschieden hat: als Position des Mitleids, mit der der „altruistische“ Raskolnikow dem „größenwahnsinnigen“ Übermenschen-Raskolnikow entgegensteht (der „mittlere“ hat eine utilitaristisch-theoretische Position). Und alle drei wechseln auf offener Bühne die Rollen, um andere Romangestalten darzustellen. Nicht alle natürlich - bei 750 Seiten muss gekürzt werden. Carlotta Salamon hat den „Familien-Plot“ herausgenommen. „Er und der Mord“, das wird der Kern ihrer Inszenierung. Der Mord an einer Pfandleiherin nämlich, die Raskolnikow - also zumindest einer der drei - umzubringen zu dürfen glaubt, weil ja so vielen anderen damit geholfen ist ... „Es wird ja immer auch ’aufgewogen’“, sagt Salamon und erinnert an die Triage-Fragen während Corona. Dass Raskolnikows Gedanken eben alles andere als fremd oder von vorneherein abwegig erscheinen, das macht sie so gefährlich. Dem gilt es, sich auszusetzen.

„Verbrechen und Strafe“ in der Kapelle, Rheinberger Straße; Premiere am 26. Oktober, weitere Aufführungen am 29.10., 10.11., 12.11.
schlosstheater-moers.de

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